Der heilige Othmar, Patron der Pfarrkirche St. Othmar in Mödling, ist eine herausragende Figur der christlichen Geschichte. Sein Name, abgeleitet vom Althochdeutschen, bedeutet „der durch Besitz Berühmte“. Seine Lebensgeschichte und seine Taten prägen nicht nur das religiöse Leben in Mödling, sondern auch die Identität der Stadt und ihrer Weinhauer.
Das Leben des hl. Othmar
Othmar wurde um 690 in der Nähe von St. Gallen in der heutigen Schweiz geboren. Nach seiner Priesterweihe 719 wurde er zum Vorsteher der Einsiedlerzelle des hl. Gallus ernannt, die er zu einem Kloster ausbaute. Als Abt führte er die Benediktinerregel ein und gilt als zweiter Gründer von St. Gallen. Während seiner Amtszeit legten 53 Mönche ihre Ordensgelübde ab, und das Kloster erlebte eine Blütezeit durch zahlreiche Schenkungen.
Trotz des Reichtums seines Klosters lebte Othmar bescheiden. Er trug einfache Kleidung und ritt auf einem Esel statt auf einem Pferd. Sein Einsatz für Kranke, Blinde und Bedürftige war beispiellos: Er baute das erste Leprosorium der Schweiz und richtete Unterkünfte für Arme und Kranke ein, die er oft persönlich betreute.
Der Konflikt mit den Franken
Othmars Entschlossenheit, die Rechte seines Klosters zu verteidigen, führte zu Konflikten mit den fränkischen Gaugrafen Warin und Ruthard. Diese beschuldigten ihn aufgrund der Verleumdungen eines unzuverlässigen Mönchs, unsittliche Beziehungen zu pflegen. Infolge dieser Intrigen wurde Othmar gefangen genommen und auf die Insel Werd am Rhein verbannt, wo er am 16. November 759 starb.
Die Heiligsprechung und Verehrung
Othmar wurde 864 vom Konstanzer Bischof Salomon I. heiliggesprochen. Sein Gedenktag, der 16. November, wird bis heute gefeiert. Zehn Jahre nach seinem Tod wurde sein unverwestes Grab geöffnet, und sein Leichnam wurde nach St. Gallen überführt. Die Überführung war von wundersamen Ereignissen begleitet, darunter die ruhige Überfahrt über den stürmischen Bodensee und die wundersame Vermehrung der Vorräte der begleitenden Mönche.
Othmar als Schutzpatron Mödlings
In Mödling hat der heilige Othmar eine besondere Bedeutung als Schutzpatron der Weinhauer. Bereits in einer Verordnung von Kaiser Ferdinand III. aus dem Jahr 1655 wird dokumentiert, dass die Mödlinger Weinhauer Othmar seit Jahrhunderten verehren. Sein Festtag wird traditionell mit einem feierlichen Hochamt begangen.
In der Pfarrkirche St. Othmar in Mödling findet sich ein Altarbild, das die Gefangennahme des Heiligen zeigt, sowie eine Zunftfahne der Weinhauer mit seiner Darstellung. Diese symbolisiert die tiefe Verbundenheit der Stadt und ihrer Einwohner mit dem Heiligen.
Der heilige Othmar ist nicht nur eine religiöse Figur, sondern ein Vorbild für Nächstenliebe, Bescheidenheit und Standhaftigkeit. Seine Geschichte verbindet Mödling mit einer jahrhundertealten Tradition und inspiriert bis heute die Menschen, für ihre Überzeugungen einzustehen und anderen zu helfen.