Der Karner, auch bekannt als Pantaleonskapelle, ist das älteste erhaltene Bauwerk Mödlings und wurde erstmals 1346 urkundlich erwähnt. Seine Errichtung datiert vermutlich auf die Zeit nach 1182, möglicherweise erst um 1220. Der Bauherr könnte Heinrich der Ältere von Mödling gewesen sein, ein Babenberger Herzog und Sohn von Heinrich II. Jasomirgott und Theodora Komnena aus Byzanz. Auch Heinrich Jasomirgott war als Bauherr in Mödling aktiv, wie eine Inschrift am ehemaligen Armen-Pilgramhaus belegt. Einige Theorien vermuten, dass der Karner unter Heinrich dem Jüngeren von Mödling entstand oder sogar ursprünglich als Kapelle der Tempelritter diente.
Bauphasen und Veränderungen
Nach dem Ungarneinfall 1252 unter Bela IV. wurde der Karner vermutlich unter der Babenberger Nichte Gertrud wieder aufgebaut. Dabei wurde das Bauwerk um etwa 1,90 m erhöht, und die Fenster im Hauptraum erhielten ihre heutige doppelte Höhe. Lediglich das Nordwestfenster blieb auf seiner ursprünglichen Höhe und wird heute teilweise vom Stiegenaufgang verdeckt.
Die Kapitelle der Halbsäulen wurden auf die neue Raumhöhe von rund 10 m versetzt, mit Ausnahme eines Kapitells links vom Haupteingang, das auf seiner ursprünglichen Höhe verblieb. Jedes Kapitell ist einzigartig gestaltet: Ein Menschenkopf ziert das Kapitell an der Westseite, während sich an der Apsis ein Tierkopf befand, der jedoch in jüngerer Zeit abgeschlagen wurde. Den oberen Abschluss bildet ein Lilienfries aus der Zeit nach 1252, vergleichbar mit dem Lilienfries am Kirchturm von Sollenau, der ebenfalls zum Einflussbereich Gertruds gehörte.
Architektur und Besonderheiten
Das Untergeschoss des Karners reicht etwa acht Meter tief in die Erde. Der Innenraum hat einen Durchmesser von ebenfalls acht Metern und war vor dem Umbau ebenso hoch. Acht Lisenen (Halbsäulen) gliedern die Außenmauer.
Die Außenwand zeigt die beiden romanischen Bauphasen deutlich: Der untere Teil besteht aus glatt behauenen Quadern mit Hackenspuren in wechselnden Richtungen, die vor dem Aufbau bearbeitet wurden. Der obere Bereich, bis zum Lilienfries, besteht überwiegend aus Bruchsteinen. Im Inneren sind Ansätze von Bögen sichtbar, die das ursprüngliche Gewölbe trugen.
An der Außenwand finden sich Steinmetzzeichen, darunter ein Schneckenhausmotiv, etwa zwei Meter über dem Basissockel.
Portal und Loggia
Das spätromanische Stufenportal entstand vermutlich während des Wiederaufbaus nach 1252. Es ist mit kunstvollen Friesen verziert, darunter ein Spiralfries, ein Pfeifenfries mit Menschenköpfen, ein Lilienfries und ein Zangenfries.
Die ursprünglichen Rundbögen der Loggia, besser bekannt als Zwerggalerie, wurden später durch frühgotische Spitzbögen ersetzt, während die romanischen Säulen erhalten blieben. Vermutlich diente die Loggia als Lichthäuschen, in das Licht für die Toten gestellt wurde. Einige Spuren im Innenraum deuten darauf hin, dass eine Empore etwa zwei Drittel des Raumes überdeckte.
Relief und Symbolik
Unterhalb der Loggia befindet sich ein Relief, das eine Jagdszene darstellt: Ein Reiter, möglicherweise Dietrich von Bern, jagt mit Hunden einen Hirsch. In der Mitte befand sich einst eine Baumdarstellung, die heute fehlt. Das Original dieses Reliefs, das vermutlich aus der ersten Bauphase um 1220 stammt, wird im Museum der Stadt Mödling aufbewahrt.
Die Szene wird oft symbolisch interpretiert: Der Reiter steht für den Teufel, der Hirsch symbolisiert die gejagte Seele, und der Lebensbaum – als Symbol für das Kreuz Christi – soll die Seelen vor dem Zugriff des Teufels schützen.
Der Karner von Mödling ist nicht nur ein bedeutendes historisches Bauwerk, sondern auch ein Zeugnis verschiedener Bauphasen und kultureller Einflüsse. Seine reiche Geschichte, die Verbindung zu den Babenbergern und die faszinierende Symbolik machen ihn zu einem zentralen Bestandteil des kulturellen Erbes der Stadt.